Der Demosamstag am 23. Mai wurde von den Bündnismitgliedern auf ihrer jüngsten Sitzung sehr unterschiedlich bewertet. Einerseits wurde der Verlauf der offiziellen Kundgebung [alle Redebeiträge sind gekürzt im PodCast zu hören] am Stintmarkt gelobt. Es wurden vor allem diejenigen noch einmal hervorgehoben, die mit ihrem großartigen Einsatz dafür gesorgt haben, dass die stationäre Demonstration überhaupt stattfinden konnte. Das waren vor allem der DGB und die Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen.
Auf der anderen Seite wurde das Konzept der Polizei kritisiert, was in seiner Massivität nicht mehr, als so eine stationäre Kundgebung ermöglichte. Die Stadt Lüneburg in ihren östlichen Wohnbereichen war nahezu total abgeriegelt. Menschen wurden massiv in ihrer Bewegungsfreiheit und vor allem in ihrem legitimen Protest behindert. Augenzeugen berichteten, dass die Polizei nur durch den Augenschein, willkürlich bewertete, wer ein potenzieller Demonstrant und wer nur Passant sei.
Die in der Presse [Lüneburger Rundschau] geäußerte Feststellung, dass der Protest in diesem Stadtteil sehr zu wünschen übrig ließ, trifft voll zu – sie passt aber nicht zu dem im gleichen Kommentar geäußerten Verständnis für die Polizeilinie. Denn diese sah vor, den Stadtteil frei zu halten von demokratischem Protest. Kein Wunder also, dass dort dann auch kein Bürgerprotest zu sehen war.
Viele Einzelaktionen der Polizei, wie das komplette Abfilmen der legalen Kundgebung oder die später im Rahmen des polizeilichen Raumkonzepts stattfindende Maßnahmen liefen aus Sicht des Bündnisses zum Teil gesetzeswidrig ab: So konnten die eingesetzten Beamten bei Personenkontrollen noch nicht einmal die gesetzliche Grundlage nennen, auf der ihr Handeln fußte. Sie nannten ihren Namen nicht (Dienstnummern scheinen sie ebenso nicht zu besitzen). In einem Fall musste ein Einsatzleiter vor Ort darauf hingewiesen werden, dass die Nennung der Gesetzesgrundlage nichts mit “Lust” zu tun habe, nachdem er auf die entsprechende Frage antwortete: “Darauf habe ich keine Lust”.
Ein anderer sagte, dass die Nennung der Gesetzesgrundlage aus “polizeitaktischen Gründen” nicht erfolgen könne…
Alles in allem war der Samstag aus demokratischer Sicht katastrophal: Die Nazis konnten unbehelligt (und sicher auch unbeachtet) durch Lüneburg marschieren, die Menschen in Neu Hagen mussten es einmal mehr hinnehmen, dass ihr Wohnviertel mit Nazi-Aufmärschen identifiziert werden. Und die Lüneburger Bevölkerung konnte ihren Protest nicht an diejenigen richten, die es hören sollten – die Nazis!
Es gelte in Zukunft das Klima in der Stadt so zu verändern, dass hier solche Naziaufmärsche für die rechten Akteure uninteressant werden.
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